Für ein störungsfreies Miteinander von Menschen und Robotern im öffentlichen Raum ist die fortlaufende Kommunikation des Roboterverhaltens entscheidend. Das RA3-Kompetenzzentrum ZEN-MRI hat sich mit genau dieser Thematik beschäftigt und dafür auf Basis von Interview- und Fragebogendaten aus der ersten Feldstudie im Projekt Designlösungen entwickelt. Diese sollen das Roboterverhalten möglichst verständlich kommunizieren und dazu beitragen, die Interaktion sicherer und angenehmer zu gestalten.
In der ersten Studienwelle wurde insbesondere die mangelnde Vorhersagbarkeit des Roboterverhaltens im Fall von Richtungswechseln oder unerwarteten Bewegungen von den Studienteilnehmer*innen als kritisch identifiziert. Auf Basis dieser potenziellen Konfliktsituationen wurden folgende Fragenstellungen für die Interaktionsgestaltung abgeleitet:
Was muss der Roboter kommunizieren?
Wie kann der Roboter für verschiedene Personengruppen verständlich kommunizieren?
Kommunikationsstrategien für Roboter
Die Beantwortung dieser Fragen stand bei der Entwicklung der Kommunikationsstrategien für Roboter im öffentlichen Raum im Fokus. Hierbei hat sich ZEN-MRI schwerpunktmäßig an dem sogenannten „Patternansatz“ orientiert. Patterns bezeichnen hierbei wiederkehrende, meist multimodale und wissenschaftlich evaluierte Roboter-Verhaltensmuster, die auf unterschiedliche Robotertypen anwendbar sind. Sie unterstützen dabei, Roboterverhalten verständlich zu machen und damit kritische Situationen in der Mensch-Roboter Interaktion präventiv zu verhindern oder aufzulösen. So ermöglichen sie ein störungsfreies Miteinander in privaten sowie öffentlichen Räumen.
Pattern-Erarbeitung mit eigens entwickeltem Design-Prozess
Zur Entwicklung der Patterns wurde ein, eigens von Kathrin Pollmann (Fraunhofer IAO, Stuttgart) entwickelter, Design-Prozess genutzt. Hierfür wurden identifizierte kritische Situationen zunächst hinsichtlich der Ziele der beteiligten Stakeholder (z.B. Passant*innen, Nutzer*innen) und den sich daraus ergebenden Verantwortlichkeiten des Roboters analysiert. Darauf basierend wurde definiert, was der Roboter kommunizieren muss, um sein Verhalten nachvollziehbar zu machen und damit ein Gefühl von Unsicherheiten bei Stakeholdern zu vermeiden. Im nächsten Schritt wurden im Rahmen einer umfassenden Literaturrecherche Kommunikationsstrategien von Menschen, Tieren und anderen technischen Geräten identifiziert und deren Anwendbarkeit auf die Mensch-Roboter-Interaktion anhand empirischer Ergebnisse validiert. Die Erkenntnisse wurden anschließend hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die Kommunikation der eingesetzten Roboter überprüft und in erste Ideen wiederverwendbarer Verhaltensmuster verwandelt. In weiteren Workshops entstanden hieraus konkret umsetzbare Interaktionsstrategien für die Robotergestaltung.
Einblick in erste Gestaltungsempfehlungen
Sowohl im Rahmen des Pattern-Prozesses als auch in den Feld-Studien im Projekt wurde deutlich, dass das Roboterverhalten aus Sicht von Passant*innen vor allem über die Kanäle Licht und Ton kommuniziert werden soll. Darauf basierend entwickelte das Projektteam ein Konzept, bei dem ein LED-Band um den gesamten Roboter angebracht wird, welches an den Ecken wie ein klassischer “Blinker” aufleuchtet, um geringfügige Richtungsänderungen des Roboters zu signalisieren: Dreht der Roboter um 90° auf der Stelle, dann wird dies durch mehrere LEDs, die in Drehrichtung um den Roboter herum aufleuchten, dargestellt. Abbremsen des Roboters hingegen wird durch Aufleuchten des LED-Bandes vorne und hinten am Roboter angezeigt. Zudem wird Rückwärtsfahren des Roboters durch eine Kombination aus Rückleuchten und einem Piepton (ähnlich wie bei LKWs) kommuniziert. Eine Bodenprojektion um den Roboter kennzeichnet außerdem einen Sicherheitsbereich, der nicht betreten werden sollte, um kritische Situationen (z.B. Kollisionen) zu vermeiden.
Bei Betreten des Sicherheitsbereichs warnt der Roboter Passant*innen durch die Wiedergabe eines „Huptons“ und eine Farbänderung des projizierten Sicherheitsbereichs von Blau zu Rot. Wenn folglich ein Mindestabstand zum Roboter unterschritten wird, bleibt der Roboter stehen, um Kollisionen zu vermeiden. Weiterhin fordert der Roboter Passant*innen verbal dazu auf auszuweichen und der rote Sicherheitsbereich blinkt auf. Durch ein Icon, das in die Bodenprojektion integriert ist, wird zudem die Funktion des Roboters (z.B. Wischen, Saugen) kommuniziert.
Diese ersten Kommunikationslösungen wurden nun in einer zweiten Studienwelle im Feld getestet und sollen anhand der neu gewonnen Daten weiter adaptiert und verbessert werden.
Dieser Beitrag wurde beigesteuert von der Stadt Ulm aus dem Konsortium des RA3-Kompetenzzentrums ZEN-MRI. Wir bedanken uns für die Kooperation!
Weiterführende Quellen