Anhang VII der Maschinenrichtlinie fordert vom Hersteller einer Maschine folgendes:
Der Hersteller muss an den Bau- und Zubehörteilen oder an der (un)vollständigen Maschine die Prüfungen und Versuche durchführen, die notwendig sind, um festzustellen, ob die (un)vollständige Maschine aufgrund ihrer Konzeption oder Bauart sicher zusammengebaut und benutzt werden kann. Die diesbezüglichen Berichte und Ergebnisse werden zu den technischen Unterlagen genommen.
Der Nachweis der Produktkonformität mit den Richtlinien und harmonisierten Normen erfolgt in der Regel in einem abgestuften Verfahren, das aus Verifizierung und Validierung (V&V) gegen die Produktspezifikation und Kundenwünsche besteht.
Verifizierung meint den objektiven Nachweis, dass das Produkt „richtig“ entwickelt wurde. Die Verifizierung des Produkts kann dabei erfolgen durch:
Auditierung (Systemaudit, Prozessaudit, Produktaudit)
Unterlagenreview, z.B. Sicherheitskonzept, Sicherheitsplan
Evaluierung auf Basis von Simulationen, z.B. finite Elemente
Prüfung von Merkmalen, Festigkeit, elektrische Sicherheit
Messung des Temperaturverhaltens, der Temperaturempfindlichkeit, EMV-Störfestigkeit, etc.
Validierung meint den objektiven Nachweis, dass das „richtige“ Produkt entwickelt wurde. Validierung erfolgt auf Basis der Spezifikation unter Verwendung der Verifizierungsergebnisse, Analysen, statistische Methoden, Zertifikate und Bewertungen (z.B. Feldversuche) oder Daten (KI und ML). Die Verifizierung und Validierung kann der Hersteller oder eine von ihm benannten Stelle durchführen, falls der Hersteller keine Prüfmöglichkeiten hat oder die Richtlinien eine benannte Stelle vorschreibt.
Voraussetzungen für die Verifizierung und Validierung
Um die Verifizierung und Validierung eines Produktes überhaupt durchführen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, unter anderem jedoch die technischen Unterlagen verfügbar und aktuell sein.
Die Grundlage der Verifizierung bildet einerseits die Spezifikation (siehe 1. Schritt) und andererseits die Risikobeurteilung und der Verifizierungsplan. In diesen Unterlagen sind die Anforderungen gegen die die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit geprüft werden sollen, die zu prüfenden Aspekte, sowie die Art und Weise der Prüfung (Audit, Prüfung, Simulation, Messung,…) festgelegt.
Der Hersteller einer Maschine muss eine Risikobeurteilung mit folgendem Inhalt durchführen:
Angewandte Rechtsvorschriften und Normen (siehe auch 2. und 3. Schritt)
Grenzen der Maschine, (zeitliche, räumliche und funktionale Grenzen)
Ermittlung und Beschreibung sämtlicher Gefahren innerhalb jeder Lebensphase der Maschine
Risikoeinschätzung und -beurteilung für jede Gefahrenstelle und Gefährdung, in Abhängigkeit von:
– Wahrscheinlichkeit des Eintretens
– mögliche Schwere der Verletzung
– Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos definieren
Aus der Risikobeurteilung lässt sich das Sicherheitskonzept für den mobilen Roboter erstellen und beinhaltet:
die technischen Maßnahmen, um die die Sicherheit der Maschine zu gewährleisten, wie z.B.:
– trennende oder nicht trennende Schutzeinrichtungen
– Systeme zum Stillsetzen der Maschine, Möglichkeiten zum sicheren Abschalten (elektrischen) Energie
– Erkennen von Arbeitern in gefährlichen Bereichen
das Sicherheitsdesign und die Komponentenauswahl, d.h. Gestaltung von Mechanik, Elektro-technik, Elektronik, Software- und Steuerungssystemen und die Auswahl der sicherheits-gerichteten Komponenten um den geforderten Performance Level (PL nach EN ISO 13849-1) oder den Safety Integrity Level (SIL nach EN 62061) zu erreichen.
Die Bestimmung und Verifizierung des erreichten PL/SIL kann mit diversen Berechnungs-Tools auf Basis sicherheitsrelevanter Kennwerte erfolgen, z.B. mit Sistema der DGUV, Safety Calculator, PAScal der Pilz GmbH & Co. KG oder Sefety Evaluation Tool SET der Siemens AG.
Systemintegration, Umsetzung der Maßnahmen der Risikobeurteilung und des Sicherheitskonzepts, durch:
– Zusammenarbeit und die Auswahl geeigneter Lieferanten
– Beschaffung von Komponenten und Umsetzung von Systemlösungen
– Projektierung von Steuerungen
– Erstellung von Visualisierungsoberflächen
– elektrische Installation von Maschinen
– Ausrüstung von mechanischen Schutzmaßnahmen
– Schulung von Maschinenbedienern und Wartungspersonal
Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen (Nachbetrachtung der Risikobeurteilung) dabei werden die vorangegangenen Schritte nochmals reflektiert:
– Sind die Schutzmaßnahmen korrekt umgesetzt?
– Wurde die Sicherheit im Zusammenhang mit der Maschinensteuerung richtig konzipiert und nach den Sicherheitsbestimmungen umgesetzt?
– Prüfung der Sicherheitsfunktionen:
> Funktionsprüfung
> Fehlersimulation
> Messungen (z.B. Schallpegelemission)
> Review der Betriebsanleitung (Vollständigkeit und Richtigkeit, Sicherheitshinweise
> „vernünftigerweise vorhersehbarer Fehlanwendung“ der Maschine durch Benutzer*innen
Produktprüfungen beziehen sich auf:
Funktionsprüfung des Roboters
Leistung des Roboters
Sicherheit des Roboters, insbesondere:
– mechanische Sicherheit
– elektrische Sicherheit
– funktionale Sicherheit
– Datensicherheit
Prüfungen in einer sicheren Umgebung sowie die Umwelteinflüsse
– elektromagnetische Verträglichkeit
– klimatische Bedingungen
Ergonomie und physiologische Aspekte
Datensicherheit
Hygiene
zunehmend Prüfung der Einhaltung ethische und moralische Elemente
Prüfung der Dokumentation
Von der Art der Prüfung können folgende Vorgehensweisen unterschieden werden:
Sichtprüfung: feststellen von Beschädigungen und Fehlern, vorhandene Feuchtigkeit und Korrosion, fachgerechte Montage und Verkabelung, ordnungsgemäße Kennzeichnung (BMK), CE-Kennzeichnung, etc.
– Elektrischen Messungen: (Schutzleiterwiderstand, Isolationswiderstand, Ableitströme (mit geeigneten Messverfahren wie z. B. Differenzstrommessung)
> Schutzleiterwiderstand
> Ersatz-Geräteableitstrom
> Ersatz-Patientenableitstrom (separat für jede Sonde)
– Allgemeine Funktionsprüfung: Bei Notwendigkeit unter Zuhilfenahme von geeigneten Prüfmitteln.
– Beurteilung der Messergebnisse und Bewertung der Sicherheit
– Dokumentation: Im Rahmen der Prüfung erfolgen die Dokumentation der Messergebnisse und die Erstellung eines Prüfberichts mit einer schriftlichen Bewertung des geprüften Ultraschallsystems. Die Dokumentation wird wahlweise in Papierform oder als PDF-Datei erstellt.
– Freigabe durch CE-Kennzeichnung oder eines internen Qualitäts-Prüfzeichens.
Alle Prüfungen und Prüfergebnisse müssen in einem Prüfbericht dokumentiert sein. Die Gewährleistung der grundlegenden Anforderungen erfolgt dabei:
im rechtlich ungeregelten Bereich (EN 29000) z.B. durch:
– Stichprobenprüfung
– Baugleichheitsprüfung
– Prüfungsgleichheit
zusätzlich im rechtlich geregelten Bereich (EN 45000) z.B. durch:
– Fertigungskontrolle
– Ausbildung der Mitarbeitenden
Zeitpunkt der Prüfung
Während der Entwicklung (Designfreigabe, Konstruktionsfreigabe, Produktfreigabe)
Nach Abschluss der Konstruktion/Entwicklung zur Markteinführung
Ablauf von Konformitätsprüfungen
Vor Beginn der Prüfung:
Informationen über spezifische Funktionen und mögliche Gefährdungen zusammenstellen
– Review der Spezifikation, Risikobeurteilung, Anleitungen, Konstruktionspläne, Datenblätter, Sicherheitsdatenblätter, Fotos
Prüfplan erstellen
– Auf Basis des Verifikationsplans
Durchführung der Prüfungen:
Unterlagenprüfung – Konstruktionszeichnungen, Stromlaufpläne, Stücklisten, Simulationen, Erprobungen, Feldtests
Sichtprüfung
– Prüfung der Übereinstimmung mit der Dokumentation
– mechanischer Aufbau
– elektrischer Aufbau, elektrische Komponenten und Stromkreise
– Sicherheitskomponenten
Funktionsprüfung
– Betriebsarten
– Sicherheitsfunktionen
Sicherheitsprüfungen durchführen
– Nenndaten und -werte
– Temperaturprüfung
– Prüfung der Sicherheitsfunktionen
– Fehlersimulation
Prüfergebnisse dokumentieren
– Abschlussbesprechung
Diese soll von der mit der Prüfung beauftragten Person, mit den vom Auftraggeber autorisierten Personen und den von den Ergebnissen der Prüfung betroffenen Personen durchgeführt werden. Eine Gesprächsnotiz ist in die Dokumentation mit aufzunehmen. Der/die Auftraggeber*in muss das Ergebnis der Prüfung anhand des Prüfauftrages sowie der erstellten Dokumentation verifizieren.