Die meisten Produkthersteller nutzen harmonisierte Europäische Normen (EN-Normen), um die Konformität ihrer Produkte mit den grundlegenden Anforderungen nachzuweisen. Die EU veröffentlicht im Amtsblatt unter jeder Produktrichtlinie eine Liste der harmonisierten Normen. Wenden Hersteller diese harmonisierten Normen [1] bei der Produktentwicklung an, geht eine Behörde (Marktüberwachung, Zoll) davon aus, dass die grundlegenden Anforderungen der Richtlinien erfüllt sind – die sogenannte Vermutungswirkung. Allerdings ist ihre Anwendung durch den Hersteller freiwillig, d.h. bei Nichtanwendung muss der Hersteller die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Richtlinien nachweisen. Damit werden harmonisierte Normen zu einem Element in der Beweisführungskette, um die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Produktrichtlinien sicherzustellen. Die nationalen Normen der Mitgliedsstaaten, d.h. Normen mit einem Präfix wie beispielsweise:
„DIN EN“ in Deutschland – deutscher Text
„ÖNORM EN“ in Österreich– deutscher Text
„SN EN“ in der Schweiz – deutscher Text
„IS EN“ in Irland – englischer Text
„FN EN“ in Frankreich – französischer Text
„UNE EN“ in Spanien – spanischer Text
Diese sind inhaltlich identisch und daher ebenfalls nutzbar.
Die Klassifikation von Sicherheitsnormen für Maschinen
Die europäischen Sicherheitsnormen für Maschinen werden in drei Typen klassifiziert (siehe auch Bild 1):
Typ A: Grundnormen
Typ B: Gruppennormen
Typ C: Maschinen-Sicherheitsnormen (Produktnormen)
Typ-A-Normen, wie z.B. die EN ISO 12100 legen grundlegende Begriffe, Terminologie und Gestaltungsleitsätze für alle Maschinenkategorien fest. Die Anwendung einer Typ A Norm ist für den Nachweis der Produktkonformität allein nicht ausreichend und begründet daher keine umfassende Konformitätsvermutung. Sie muss in Kombination mit Typ B-Normen oder einer Typ C-Norm verwendet werden.
Typ-B-Normen behandeln bestimmten Aspekte der Maschinensicherheit oder bestimmte Arten von Schutzeinrichtungen, die für mehrere Maschinenkategorien verwendet werden können. Ihre Anwendung begründet eine Konformitätsvermutung mit den hierdurch abgedeckten grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie, wenn ihre Anwendung aus der Risikobeurteilung oder einer entsprechenden C-Norm hervorgeht.
Typ-C-Normen enthalten Spezifikationen für eine bestimmte Maschinenkategorie, z.B: Industrieroboter, Serviceroboter oder fahrerlose Transportfahrzeuge die durch gleichartige Gefährdungen gekennzeichnet sind. Typ-C-Normen verweisen in der Regel auf Typ-A- oder Typ-B-Normen und dürfen in ihrer Spezifikation von den Anforderungen einer Typ A oder B-Norm abweichen. Die Anwendung der Spezifikationen einer Typ-C-Norm auf der Grundlage der Risikobeurteilung des Herstellers, ergibt eine Konformitätsvermutung mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie, die durch die Norm abgedeckt sind.

Durch diese Systematik müssen die grundlegenden Sicherheitsanforderungen nicht in jeder Produktnorm vollständig beschrieben werden, es reichen Verweise auf die entsprechenden Typ A und Typ B-Normen aus. Hersteller von Maschinen, für die es keine Typ C-Norm gibt, können unter Anwendung von Typ-A und B-Normen die Richtlinienkonformität ihrer Maschine nachweisen.
Eine Besonderheit der EN-Normen im Vergleich zu ISO- oder IEC-Normen ist der Anhang Z, der die nationalen Abweichungen der EU-Mitgliedsstaaten enthält. Diese beziehen sich im Regelfall auf Komponenten zur Versorgung mit Netzspannung, wie z.B. Netzstecker. Für den Nachweis der CE-Konformität ist es wichtig, die harmonisierten Normen, die bei der Konstruktion berücksichtigt werden müssen, auszuwählen.
Dazu müssen:
1. auf Basis der geltenden Richtlinien die zutreffenden Normen recherchiert werden
a. die im Amtsblatt gelistet (harmonisiert) sind
b. falls es keine harmonisierten Normen gibt, internationale (insbes. ISO- und IEC-Normen) oder nationale (z.B. DIN-Normen) Normen recherchieren, die auf das Produkt zutreffen
2. die Normen aus dem „Normativen Anhang“ der recherchierten Normen aus 1. analysieren und
a. Anforderungen an Bauteile, Komponenten und Geräte festlegen
b. diese Anforderungen ggf. in die Spezifikation für Lieferanten übernehmen
3. Ergebnisse in die Risikobeurteilung übernehmen
Ähnliche Klassifikationen für die harmonisierten EU-Normen zur Niederspannungs- oder EMV-Richtlinie gibt es nicht.
Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)
EMV-Normen lassen sich in drei Klassen, wie in folgender Tabelle gezeigt, klassifizieren:

Die Emissions- und Immissionsnormen beschreiben dabei die Anforderungen an den Prüfling – den mobilen Roboter – und die einzuhaltenden Grenzwerte hinsichtlich Störungen und Störfestigkeit. Dabei werden sowohl für leitungsgebundene als auch für abgestrahlte Störungen die Grenzwerte und Prüfverfahren festgelegt.
Die Entstörmittelnormen definieren die Eigenschaften an Komponenten, die zum Entstören verwendet werden, z.B. EMV-Filter.
In den EMV-Normen wird auch die EMV-Umgebung berücksichtigt und in zwei Klassen eingeteilt. In Klasse A (Industrieumgebung mit Anlagen und Maschinen mit hohem Energieverbrauch) werden höhere Emissionswerte zugelassen, dafür sind die Grenzwerte für die Störfestigkeit höher. In der Klasse B (Wohn- und Gewerbegebiete) sind dafür die Grenzwerte für Emissionen aber auch für die Störfestigkeit niedriger, siehe Tabelle 2.
Je nach Applikation werden die Geräte in folgende Geräteklassen unterteilt:

Mobile Roboter können sowohl in einer Klasse A als auch in einer Klasse B Umgebung eingesetzt werden. Deswegen müssen sie dann die hohen Immissions- und die niedrigen Emissionsgrenzwerte einhalten.

Beschaffung von Normen
Gerade für neue Technologien ändern sich die Normen kontinuierlich. Deswegen muss der Hersteller immer Zugriff auf die aktuellen Normen haben. Normen, Richtlinien und technische Regelwerke können bei folgenden Einrichtungen eingesehen bzw. erworben werden:
Quelle | Inhalt |
Amtsblatt der EU | Veröffentlichung aktueller Normenverzeichnisse zur Maschinenrichtlinie, keine vollständigen Normen. |
Beuth Verlag | Kostenpflichtige Herausgabe und Beschaffung von inländischen technischen Normen u.a. DIN- und ISO-Normen, ausländischen technischen Normen, Richtlinien (u.a. VDI-Richtlinien) und Regeln. |
KMU-Helpdesk bei DIN und CEN/ CENELEC | Die zentrale Anlaufstelle des DIN unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen. Der CEN/CENELEC-Helpdesk bietet Informationen zur europäischen Normung und Möglichkeiten zur Mitwirkung bei der Recherche und Anwendung von Normen und technischen Spezifikationen. |
Norm-Entwurfs-Portal | Das Norm-Entwurfs-Portal des DIN soll für KMU die Beteiligung an der Normungsarbeit erleichtern. Norm-Entwürfe, die sich in der öffentlichen Umfragephase befinden, werden abschnittsweise veröffentlicht und können nach einer Registrierung kostenfrei eingesehen und kommentiert werden. |
Referenzen
[1] Die harmonisierten Normen zu allen EU-Richtlinien werden auf der folgenden Seite im Internet veröffentlicht: https://single-market-economy.ec.europa.eu/single-market/european-standards/harmonised-standards_en